Blockchain-Gesetz Liechtenstein
Wer den Begriff Blockchain hört, der denkt unwillkürlich an die Kryptowährung Bitcoin. Aber Blockchain ist mehr als Bitcoin, eine neue Technologie mit dem Potenzial, zunehmend Bereiche von Gesellschaft und Wirtschaft zu verändern. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten haben die Blockchain-Technologie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Zur Schaffung von Rechtssicherheit hat sich Liechtenstein als erstes Land in Europa entschlossen, ein Blockchain-Gesetz zu erlassen.
Herr Casellini, sie leiten die Blockchainabteilung bei Bank Frick und beschäftigen sich intensiv mit dieser Technologie. Wo sehen Sie die grössten Chancen und wo liegen ihres Erachtens die Gefahren?
Die Chancen liegen in sehr vielen Bereichen. Wie bei jeder technologischen Revolution ist es aber im Vorfeld sehr schwer abzuschätzen, welche Entwicklungen vom Markt angenommen werden. Wir sind sicher, dass sich sehr viele Industrien die Blockchaintechnologie zu nutzen machen, um Prozesse agiler, unabhängiger, effektiver und auch sicherer zu gestalten. Die Möglichkeit, einen Mittelsmann durch eine Technologie zu ersetzen, bietet nahezu unbeschränktes Potential. Das grösste Risiko liegt unserer Meinung nach bei unseriösen Anbietern. Eine saubere Regulierung, wie sie der Entwurf des liechtensteinischen Blockchain-Gesetzes vorsieht, ist daher für alle Player sehr wichtig.
Ein eigenes Blockchain-Gesetz soll es in der Schweiz nicht geben. In Liechtenstein wurde Anfang November 2018 der Vernehmlassungsbericht zum Blockchain-Gesetz verabschiedet. Was bewirkt ein Blockchain-Gesetz aus Ihrer Sicht?
Vor allem grosse Rechtssicherheit. Viele potentielle Anbieter und Nutzer trauen sich aktuell nicht an die Technologie heran, da sie sich nicht sicher sind, ob das Geplante rechtlich auch korrekt abgebildet wird. Wenn ein Gesetz aber die Vorgänge sauber abdeckt und dadurch die Rechtssicherheit erhöht, kann dies in kurzer Zeit zu einer viel grösseren Nutzerzahl führen.
Die Blockchain-Technologie verändert sich rasant, ist es nicht eine Gefahr, als Vorreiter unterwegs zu sein?
Natürlich bringt die Pionierrolle auch immer Risiken mit sich. Wir haben uns daher vor dem Akzeptieren von Blockchain-Unternehmungen sehr viel Zeit gelassen, Prozesse analysiert, optimiert und uns personell entsprechend aufgestellt. Zudem fand von Anfang an ein enger Austausch mit der FMA und der Regierung statt. Und wir haben unsere Prozesse so unabhängig wie möglich von der Technologie aufgestellt, damit wir auf Veränderungen reagieren können. Für uns ist es sehr wichtig, dass wir die Dinge richtig tun und uns über die Risiken im Klaren sind.
FinTechs und andere Start-ups zum Thema «Blockchain» spriessen wie Pilze aus dem Boden. Lockt das Blockchain-Gesetz weitere Player an oder schränkt das Gesetz die Anwendungsbereiche und somit die Attraktivität von Liechtenstein als Unternehmensstandort zu sehr ein?
Das Gesetz hilft dabei, die Cases richtig umzusetzen und gleichzeitig die unseriösen Player fern zu halten. Durch diese neue Gesetzgebung werden die Eintrittsbarrieren teilweise stark erhöht, was für uns als Bank durchaus positiv ist. Unternehmungen, die sich an die Gesetzgebung im Liechtenstein halten, bieten einen hohen Standard an Qualität und Kundenservice, was unsere Arbeit ebenfalls vereinfacht. Für uns ist das Blockchain-Gesetz ganz klar ein Alleinstellungsmerkmal, womit wir uns als Bank und als Land europaweit sehr gut positionieren können.
Die klassischen Finanzintermediäre müssen sich durch die wachsende Bedeutung der Blockchain-Technologie neu ausrichten. Die Bank Frick hat hierbei eine Voreiterrolle übernommen. Wie verändert die Technologie die Branche?
Die Kundenbedürfnisse verändern sich wegen den Möglichkeiten der Digitalisierung sehr stark und als Folge davon auch das Marktumfeld für Banken und andere Finanzintermediäre. Schauen wir bloss wie viele Kunden zum Beispiel das Fintech Revolut in kurzer Zeit gewonnen hat. Wenn also ein Finanzintermediär nicht den Kunden in den Mittelpunkt stellt und ihm genau das bietet, was er will, verliert er diesen an die Konkurrenz. Die Veränderungen durch Technologie werden noch viel stärker spürbar werden. Daher sind wir davon überzeugt, dass der Finanzplatz Liechtenstein mit seinem vorausschauenden, offenen und modernen Umgang mit Technologieunternehmungen im Finanzsektor den richtigen Weg eingeschlagen und den Grundstein für eine positive Veränderung gelegt hat.
Mauro Casellini ist Head of Blockchain and Payment Service Providers bei Bank Frick in Balzers. Er leitet die 15-köpfige Blockchainabteilung und hat das Blockchain-Banking bei Bank Frick massgeblich mit aufgebaut.