Nachhaltigkeit ist mehr als Klimaschutz
Liechtenstein und sein Finanzplatz setzen sich für Nachhaltigkeit ein. Das ist seit Langem bekannt. Weniger bekannt jedoch ist die Tatsache, dass sich der gewählte ganzheitliche Ansatz an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDG, Sustainable Development Goals) orientiert. Die «Liechtenstein Initiative», die auf die Beendigung des Menschenhandels und der modernen Sklaverei abzielt, ist ein Beweis dafür, ebenso wie die Waterfootprint Initiative.
Der Kampf gegen den Klimawandel ist aktuell zu Recht in aller Munde. Wir müssen rasch und entschieden die Wirtschaft umgestalten und unser Verhalten ändern. Nur so können wir dem Klimawandel erfolgreich begegnen, so dass die Klimaziele von Paris nicht nur ein reines Lippenbekenntnis bleiben. Aber Nachhaltigkeit ist mehr als «nur» Klimaschutz. Das haben die Vereinten Nationen (UNO) frühzeitig erkannt und bereits 2015 ihre 17 «Ziele für nachhaltige Entwicklung» (Sustainable Development Goals, SDGs) verabschiedet. Diese Ziele stellen ein gemeinsames Konzept für eine bessere, nachhaltige Zukunft für alle Menschen dar. Sie sind darauf ausgerichtet, niemanden zurückzulassen. Der von Liechtenstein gewählte ganzheitliche Ansatz unterstützt diese Ziele.
In zwei Bereichen hat Liechtenstein öffentlich-private Partnerschaften ins Leben gerufen, die in ihrer Art einmalig sind und eine Vorreiterrolle einnehmen. Das erste Projekt ist «Waterfootprint Liechtenstein» mit seinem Grundsatz: «Leitungswasser trinken. Trinkwasser spenden.» Liechtenstein will mit dieser Kampagne das erste Land der Welt werden, das für jeden seiner Einwohner einem von Wasserarmut betroffenen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglicht. Die Waterfootprint Initiative befindet sich auf gutem Weg, dieses Ziel zu realisieren. Die Regierung, Schulen, alle Gemeinden sowie zahlreiche Unternehmen, darunter sämtliche Liechtensteiner Grossbanken und der Bankenverband, unterstützen das Projekt, indem sie auf den Kauf von in Flaschen abgefülltem Mineralwasser verzichten und stattdessen ausschliesslich heimisches Leitungswasser trinken.
Das zweite Leuchtturmprojekt ist die so genannte «Liechtenstein Initiative» gegen Menschenhandel und moderne Sklaverei. Es handelt sich dabei um eine Partnerschaft der Regierungen Liechtensteins, Australiens und der Niederlande mit dem United Nations University Centre for Policy Research sowie einem aus Banken, philanthropischen Stiftungen und Verbänden bestehenden Konsortium. Der Liechtensteinische Bankenverband und seine Mitglieder gehören dieser öffentlich-privaten Partnerschaft an – aus guten Gründen. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass heute mehr als 40 Millionen Menschen in Gefangenschaft leben, durch Zwangsarbeit ausgebeutet werden oder unter einer anderen Form von Knechtschaft leiden. Die von ihnen hergestellten Waren wie Textilien oder Nahrungsmittel landen in vielen Fällen in den normalen Vertriebskanälen. Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen werden über Sklaverei und Menschenhandel weltweit jährlich rund 150 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Hier kommt der Finanzsektor ins Spiel. Er kann in verschiedener Hinsicht mit moderner Sklaverei und Menschenhandel in Zusammenhang gebracht werden. So fliessen beispielsweise Gelder aus solchen Praktiken über das Bankensystem oder es werden Waren und Dienstleistungen finanziert, die aus Lieferketten stammen, in denen moderne Sklaverei und Menschenhandel zum Geschäft gehören. Studien zufolge sind moderne Sklaverei und Menschenhandel heute weltweit die häufigsten Vortaten für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.
Die Finanzgemeinde und die Aufsichtsbehörden in Liechtenstein verfügen mit Blick auf Massnahmen gegen gesetzwidrige Kapitalströme über weitreichende Expertise. Sie können daher bei der Bekämpfung von Menschenhandel und moderner Sklaverei eine Vorreiterrolle übernehmen, sei es über die Einführung hoher Due-Diligence-Standards, oder die Entwicklung verantwortlicher Kapitalanlageprodukte. Im September 2019 präsentierte die Kommission auf der 74. Sitzung der UNO-Generalversammlung ein Konzept zur Forcierung der Massnahmen gegen moderne Sklaverei und Menschenhandel.
Es ist an der Zeit, unwürdige Arbeitsbedingungen und Zwangsarbeit ein für alle Mal zu verbannen. Dies wäre auch ein Beitrag zu einem besseren Klimaschutz. Warum? Rechtskonforme Arbeitsplätze können so reguliert werden, dass Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung verringert werden. Der Kreis zu den «Pariser Zielen» schliesst sich und der ganzheitliche Ansatz Liechtensteins damit sogar noch sinnvoller.