Privatanleger springen langsam auf den Zug auf
Die Finanzbranche wird nachhaltiger. Warum das so ist und wie der Weg zu mehr Nachhaltigkeit aussieht, erläutert Olivier de Perregaux, CFO der LGT Gruppe, im Interview.
Herr de Perregaux, das Thema Nachhaltigkeit wird in der Finanzbranche immer wichtiger. Wieso?
Die Umweltverschmutzung, der Klimawandel, wachsende soziale Ungleichgewichte und die politische Polarisierung stellen uns vor grosse Herausforderungen. Auch die Finanzbranche wird sich zunehmend bewusst, dass sie einen Beitrag zur Lösung dieser Probleme leisten muss. Und sie ist dafür gut positioniert.
Wie meinen Sie das?
Finanzinstitute haben als Vermittler zwischen Investoren und kapitalsuchenden Ländern, Organisationen und Unternehmen einen grossen Einfluss darauf, wohin das Geld fliesst: ob man beispielsweise Aktien eines Kohleunternehmens kauft oder lieber doch die einer Firma, die Windräder herstellt, oder ob man wirklich in ein Land investiert, das Menschenrechte mit Füssen tritt. Wenn die Kapitalflüsse in eine nachhaltigere Richtung gelenkt werden, dann wird das einen riesigen Unterschied machen.
Wie sieht denn die Realität aus? Geht der Markt in diese Richtung?
Ja, das tut er. Institutionelle Investoren, zum Beispiel Pensionskassen, beschäftigen sich seit einigen Jahren stark mit diesen Fragen und sind mittlerweile davon überzeugt, dass nachhaltiges Anlegen nicht nur aus den genannten Gründen sinnvoll, sondern auch aus Risiko- und Renditesicht sehr interessant ist. Deshalb werden immer mehr Gelder im institutionellen Bereich nachhaltig angelegt. Privatanleger sind noch etwas zurückhaltender, aber auch hier merken wir, dass das Interesse steigt.
Wie sieht es bei den Liechtensteiner Banken aus?
Der Finanzplatz Liechtenstein richtet sich immer nachhaltiger aus. Das sieht man an den Angeboten der Banken, an den Initiativen der einzelnen Akteure und an den Diskussionen in den Gremien und auf Veranstaltungen. Auch die Ende November durchgeführte fünfte Konferenz der Auslandsbankenverbände, die der Liechtensteinische Bankenverband organisiert hat, stand unter diesem Motto.
Bringen solche Veranstaltungen überhaupt etwas?
Ja, auf jeden Fall. Wir sind im Bereich Nachhaltigkeit noch lange nicht dort, wo wir eigentlich hin möchten und wo wir hin müssen. Deshalb ist es extrem wichtig, dass sich Entscheidungsträger, Fachexperten und Branchenkenner auf solchen Veranstaltungen intensiv mit dem Thema beschäftigen, Möglichkeiten zur Veränderung suchen und sich über ihre Erfahrungen austauschen. Denn am Ende können wir nur etwas bewegen, wenn wir den Weg gemeinsam gehen.
Wie stark beschäftigen Sie sich bei der LGT damit?
Nachhaltigkeit ist bei der LGT ein integraler Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Wir haben in den vergangenen Jahren schon zahlreiche Initiativen gestartet und schon einiges damit erreicht, aber auch wir wollen noch viel mehr tun.
In welchen Bereichen sind Sie bereits vorangekommen?
Auf der einen Seite haben wir uns um betriebliche Massnahmen in Sachen Nachhaltigkeit bemüht, z. B. haben wir Photovoltaik- und Solarthermieanlagen installiert und kompensieren unsere CO2-Emmissionen. Aber viel mehr erreichen können wir in unserem Kerngeschäft. Auch hier haben wir schon früh begonnen. Seit 2003 ist eine Klausel zum verantwortungsbewussten und nachhaltigen Anlegen fester Bestandteil vieler Anlageprogramme der LGT. Im Jahr 2009 haben wir die ersten nachhaltigen Anleihen- und Aktienfonds lanciert und seit letztem Jahr zeigen wir mit einem eigenen Rating unseren Privatkunden auf, wie nachhaltig ihre Portfolios sind. Das schafft Transparenz und hilft unseren Kunden dabei, ihre Anlagen nachhaltiger auszurichten.
Und was möchten Sie in Zukunft noch erreichen?
Wir wollen einen aktiven Beitrag zu den Sustainable Development Goals der UN (kurz: SDGs) leisten. Diese Ziele sind unsere Richtschnur. Erst kürzlich haben wir eine neue Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, deren Ziele und Massnahmen, uns helfen sollen, Nachhaltigkeit noch verbindlicher in allen Unternehmensbereichen umzusetzen und in der gesamten Produktpalette zu berücksichtigen. Nun heisst es, konkrete Initiativen zu erarbeiten, uns die richtigen Zwischenziele zu setzen und diese richtig umzusetzen. Es wird nicht einfach werden, alles gut hinzubekommen. Aber wir sind davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Olivier de Perregaux ist CFO der LGT Gruppe. An der fünften Internationalen Konferenz der Auslandsbankenverbände vom 30. November 2018 hielt er die Keynote. Die Konferenz fand zum ersten Mal in Vaduz statt und wurde vom Liechtensteinischen Bankenverband zusammen mit den Auslandsbankenverbänden aus der Schweiz, Deutschland, Holland und UK durchgeführt.